In unserer Mutter-Kind-Schwerpunktkur "zusammen stark werden" nach überstandener Krebserkrankung der Mutter steht, ganz klar, die Mutter im Vordergrund der Therapie.
Eine solche Diagnose und die nachfolgende Zeit der Therapie und der Heilung stellt eine massive Zäsur für die ganze Familie dar, so auch für die Kinder.
Seit über zehn Jahren leiten wir im Rahmen dieser Schwerpunktkur in der psychosozialen Abteilung Kindergesprächsgruppen entsprechend an, um die Kinder in ihrem ganz eigenen Prozess der Heilung, der Verarbeitung unterstützen zu können.
Für die Teilnahme sind Kinder ab dem Alter von sieben Jahren vorgesehen, denn für eine Gruppe ist es essenziell, gemeinsam an einem Thema arbeiten zu können, einander zuzuhören und aufeinander einzugehen. Diese Fähigkeiten haben Kinder in der Regel in diesem Alter entwickelt. Selbstverständlich werden auch Teenager, die an Gesprächsgruppen teilnehmen wollen, integriert. Innerhalb der Gruppen bemühen wir uns um eine ausgewogene Altersstruktur.
In den Gesprächsgruppe laden wir die Kinder dazu ein, sich mitzuteilen, ihre Ängste und Sorgen zu benennen und auch darüber zu sprechen, wie es um ihre Ressourcen bestellt ist. Wir erleben, dass die Kinder mit dem Prozess der Verarbeitung der schweren Erkrankung der Mutter sehr unterschiedlich umgehen. Einige teilen sich mit, andere sind zurückhaltend und verarbeiten für sich selbst. Wiederum andere haben die akute Zeit nicht als Bedrohung erlebt. Nicht zu vernachlässigen ist die Tatsache, dass Kinder von mehr als einem, den Alltag beherrschenden Problem belastet sein können. Dabei muss die Erkrankung der Mutter nicht zwingend das Besorgniserregendste sein.
Zumeist werden die Kinder von ihren Familien in hohem Maße aufgefangen. Die Eltern gehen mit dem Thema relativ offen um, auch wenn es schwerfällt. Sie beziehen ihre Kinder ein, ohne zu dramatisieren. Nur in seltenen Fällen wird die Erkrankung verschwiegen.
Viele Institutionen beraten die Eltern in ihrer Sorge um die Kinder, die oftmals größer ist als die eigene Angst vor dem Tod.
Wir laden die Kinder ein, über das zu sprechen, was sie gerade bewegt. Immer wieder nutzen wir als Einstieg eine Geschichte von Michal Snunit mit dem Titel: „Der Seelenvogel“
Hier ein Ausschnitt:
„Tief, tief in uns wohnt die Seele. Noch niemand hat sie gesehen, aber jeder weiß, dass es sie gibt. Und jeder weiß auch, was in ihr ist. In der Seele, in ihrer Mitte, steht ein Vogel auf einem Bein. Der Seelenvogel. Und er fühlt alles, was wir fühlen. Sicher willst Du wissen, woraus der Seelenvogel besteht. Das ist ganz einfach: er besteht aus Schubladen und weil alles, was wir fühlen, eine Schublade hat, hat der Seelenvogel viele Schubladen.“
Die Schubladen in der Geschichte stehen für die möglichen Gefühle, wie beispielsweise Wut, Trauer, Verzweiflung, Hoffnung, Freude, Liebe …
Diese Geschichte soll es den Kindern erleichtern, die eigenen Gefühle bewusst wahrzunehmen, offen darüber zu sprechen und damit umzugehen. Fast alle Kinder gestalten ihre eigenen Schubladen. Die meisten sprechen auch offen über das, was sie bewegt. Dabei spielen die Persönlichkeit und die Lebenserfahrung jedes Kindes eine Rolle, ebenso wie die Gruppendynamik.
Auch lenken wir die Kinder, sowie die Mütter, in die Richtung der Ressourcenwahrnehmung, in der der Fokus auf den Menschen liegt, die den Kindern in Zeiten der Not beigestanden haben.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt, insbesondere im Rahmen der Mutter-Kind-Interaktion, auf den Stärken und den liebenswerten Eigenschaften der Kinder, sowie denen der Mütter. Wir ermuntern die Kinder und natürlich ganz besonders die Mütter, die Leichtigkeit und die Freuden des Miteinanders zu kultivieren, einander zu schätzen und den Blick wieder auf eines ganz besonders zu richten: auf eine lange und lebenswerte Zukunft.